Praxistipp zum Thema: Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungenwas Sie darüber wissen sollten

Was sind arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen?
Es handelt sich hierbei ausschließlich um medizinische Untersuchungen im Zusammenhang mit aktuellen Belastungen aus Arbeitstätigkeiten. Rechtlich geregelt werden diese Untersuchungen seit einiger Zeit in der Arbeitsmedizinischen Vorsorge-Verordnung.

Einstellungsuntersuchungen, bei denen es im Wesentlichen um den allgemeinen Gesundheitszustand von Bewerbern geht, gehören nicht dazu. Einstellungsuntersuchungen finden formal auf freiwilliger Basis statt. Allerdings traut sich kaum ein Arbeitnehmer sie abzulehnen, da damit die Chance eingestellt zu werden, deutlich sinkt.

Es gibt drei Kategorien von Arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen:

  • Pflichtuntersuchungen,
  • Angebotsuntersuchungen,
  • Wunschuntersuchungen.

Die Verordnung schreibt vor, bei welchen Belastungen Pflichtuntersuchungen durchzuführen sind bzw. Untersuchungen angeboten werden
müssen. Im Folgenden werden einige Beispiele vorgestellt.

Pflichtuntersuchungen
Der Arbeitgeber ist verpflichtet diese Untersuchungen durchzuführen.

Wir werden immer wieder gefragt, ob Arbeitnehmer verpflichtet sind an diesen Untersuchungen teilzunehmen.
Die Antwort darauf lautet: Der Arbeitnehmer hätte zwar das Recht, die Teilnahme an Pflichtuntersuchungen abzulehnen.
Allerdings hätte das zur Folge, dass der Arbeitgeber ihn auf dem entsprechenden Arbeitsplatz nicht mehr beschäftigen darf,
weil die Voraussetzung für die Beschäftigung – nämlich die Untersuchung – nicht erfüllt ist.

Pflichtuntersuchungen finden u. a.statt bei:

  • Tätigkeiten mit Gefahrstoffen falls der Arbeitsplatzgrenzwert nicht eingehalten wird oder Hautkontakt bei Gefahrstoffen besteht, die besonders über die Haut aufgenommen werden. In der Verordnung werden über dreißig Einzelstoffe genannt. Darunter finden sich z. B. Lösemittel, Hartholzstäube und Mehlstaub.
  • Tätigkeiten mit mehr als vier Stunden Feuchtarbeit täglich,
  • Tätigkeiten mit Lärm ab 85 Dezibel dB(A),
  • Tätigkeiten bei extremer Hitze oder bei Kälte unter minus 25 Grad.

Angebotsuntersuchungen
Der Arbeitgeber ist verpflichtet den Arbeitnehmern diese Untersuchungen anzubieten. Der Arbeitnehmer entscheidet dann, ob er das Angebot annehmen möchte.

Angebotsuntersuchungen werden z. B. angeboten bei

  • Tätigkeiten mit Feuchtarbeit von regelmäßig mehr als zwei Stunden am Tag,
  • Tätigkeiten mit Lärm ab 80 Dezibel dB(A),
  • Tätigkeiten mit Bildschirmarbeit.

Feuchtarbeit gibt es z. B. bei Friseuren, in der Gastronomie, in Supermärkten mit Salatküche usw.

Für einige Tätigkeiten bzw. Belastungen kann entweder eine Pflichtuntersuchung oder eine Angebotsuntersuchung vorgeschrieben sein. Die Entscheidung über die Art der Untersuchung ist jeweils abhängig vom Ausmaß der Belastung.

Wunschuntersuchungen
Das Arbeitsschutzgesetz regelt, dass Arbeitnehmer das Recht haben, beim Arbeitgeber arbeitsmedizinische Untersuchungen einzufordern, wenn sie den Eindruck haben, dass ihr Arbeitsplatz ihre Gesundheit schädigen kann.

Wer führt arbeitsmedizinische Untersuchungen durch?
In aller Regel führt der vom Arbeitgeber bestellte Betriebsarzt diese Untersuchungen durch.

Das Prinzip der freien Arztwahl ist hier dadurch eingeschränkt, dass diese Untersuchungen nicht von den Krankenkassen, sondern vom Arbeitgeber bezahlt werden. Da der Arbeitgeber bereits einen Betriebsarzt finanziert, ist er auch daran interessiert diesen einzuschalten. Falls es gewichtige Argumente gegen den Betriebsarzt gibt – z. B. mangelndes Vertrauen – können Sie natürlich trotzdem versuchen mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren, sich von einem anderen Arbeitsmediziner untersuchen zu lassen.

Was ist das Ziel von arbeitsmedizinischen Untersuchungen?
Das vorrangige Ziel arbeitsmedizinischer Untersuchungen ist es, arbeitsbedingte Erkrankungen zu verhindern oder sie wenigstens möglichst früh zu erkennen. Arbeitsmedizin soll damit einen Beitrag dazu leisten, die Beschäftigungsfähigkeit des Einzelnen zu erhalten und den Gesundheitsschutz im Betrieb zu verbessern.

Erfährt der Arbeitgeber von gesundheitlichen Bedenken gegen eine weitere Beschäftigung in der ausgeübten Tätigkeit, ist er verpflichtet Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Falls dies nicht möglich ist, muss geprüft werden, ob dem Betroffenen ein anderer Arbeitsplatz zugewiesen werden kann.

Der Betriebsarzt, der die Untersuchung durchführt, muss das Ergebnis schriftlich festhalten, den/die Beschäftigte/n beraten und ihm/ihr eine Bescheinigung erstellen, aus der hervorgeht, ob Bedenken über die Weiterbeschäftigung in der bisherigen Tätigkeit bestehen.

Nur bei Pflichtuntersuchungen erhält der Arbeitgeber eine Kopie der Bescheinigung. Diese Bescheinigung darf keine Diagnosen enthalten. Auch Betriebsärzte unterliegen der generellen ärztlichen Schweigepflicht!

Der Betriebsarzt ist verpflichtet, die Ergebnisse der arbeitsmedizinischen Untersuchung auszuwerten und bei Bedarf dem Arbeitgeber Vorschläge zur Änderung der Arbeitsplätze zu machen.

In der Arbeitsmedizinischen Vorsorge-Verordnung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Betriebsarzt, der Untersuchungen durchführt, die Arbeitsplätze kennen muss und ihm die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung vorliegen müssen.

Tipps zum Schluss

  • Wenn Sie eine Aufforderung zu einer Untersuchung erhalten, stellen Sie sicher, dass Sie verstehen, um welche Art von Untersuchung es sich überhaupt handelt. Geht es wirklich um eine arbeitsmedizinische Untersuchung in dem beschriebenen Rahmen oder um etwas anderes?
  • Bei Einstellungsuntersuchungen und anderen allgemeinen Untersuchungen, z.B. nach Arbeitsunfähigkeit, sind Sie nicht verpflichtet sich vom Betriebsarzt untersuchen zu lassen.
  • Der Arzt, der arbeitsmedizinische Untersuchungen durchführt, ist verpflichtet Sie zu beraten. Stellen Sie solange Fragen, bis Sie alles verstanden haben.
  • Fragen Sie nach, ob der Arzt ihren Arbeitsplatz und die zugehörige Gefährdungsbeurteilung kennt. Falls nicht, schildern Sie ihm die Bedingungen am Arbeitsplatz und fragen Sie ihn nach Verbesserungsvorschlägen.

Rechtliche Grundlage

  • Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV)