Dieses Infoblatt gibt einen Überblick darüber, wie die systematische Organisation des Arbeitsschutzes in Betrieben praktisch an- gegangen werden kann. Die verschiedenen Handlungsfelder werden kurz beschrieben. In den einzelnen Abschnitten finden sich Hinweise, worauf jeweils zu achten ist. Betriebliche Verantwortliche erhalten so die Möglichkeit zur Überprüfung der eigenen Arbeitsschutzorganisation. Wo ist das Unternehmen bereits gut aufgestellt? Wo gibt es noch Handlungsbedarf? Dabei werden gesetzliche Regelungen nur zusammenfassend dargestellt. Auf das Anführen einzelner Gesetzesparagraphen wird bewusst verzichtet. Bei Bedarf finden sich diese Informationen in der unter den Leseempfehlungen angeführten Literatur.
Was heißt Arbeitsschutzorganisation eigentlich?
Ziel einer guten Organisation des Arbeitsschutzes im Betrieb ist die Gewährleistung der Sicherheit und Gesundheit aller Beschäftigten. Dazu muss das Arbeitsschutzdenken umfassend in die betrieblichen Abläufe integriert werden. Der Arbeits- und Gesundheitsschutz sollte bei allen wichtigen Entscheidungen sowie Planungs- und Beschaffungsprozessen selbstverständlich mitgedacht und berücksichtigt werden. Deshalb ist die Einbindung des Arbeitsschutzes in die betriebliche Führungsstruktur sowie das gemeinsame Handeln aller betrieblichen Akteur*innen unerlässlich. Neben der Arbeitgeber*in sind hier insbesondere die Führungskräfte, die Interessenvertretung, Betriebsmediziner*innen, Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Sicherheitsbeauftragte zu nennen – sie alle haben ihre jeweils eigene Rolle im Rahmen einer funktionierenden Arbeitsschutzorganisation.
Da sämtliche betriebliche Bereiche berührt werden, ist der Aufbau einer systematischen Arbeitsschutzorganisation eine komplexe Aufgabe. Im Folgenden werden einige wichtige Handlungsfelder angesprochen. Unser Ziel ist es einen Überblick darüber zu geben, was alles zu tun ist. Dies soll Sie in die Lage versetzen zu erkennen, wo Ihr Unternehmen in Bezug auf die Organisation des Arbeitsschutzes steht: Sind Sie bereits gut aufgestellt? Gibt es trotzdem noch Handlungsbedarf? Welche Verbesserungsmaßnahmen sind sinnvoll?
Verantwortung, Aufgabenübertragung und Qualifikation
Die Arbeitsschutzverantwortung gehört zu den Pflichten der Arbeitgeber*in. Arbeitgeber*innen fehlt jedoch häufig die Zeit um sich umfassend in das komplexe Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz einzuarbeiten. Hier besteht die Möglichkeit eine Arbeitsschutzkoordinator*in zu benennen. Gemeint ist eine verantwortliche Person in der Leitung der Organisation, in deren Zuständigkeitsbereich explizit das Thema Arbeitsschutz fällt. Sie ist mit den notwendigen zeitlichen Ressourcen auszustatten, ggf. auch mit entsprechenden Entscheidungsbefugnissen. Aufgaben- und Entscheidungsbefugnisse müssen schriftlich an die Arbeitsschutzkoordinator*in übertragen werden.
Darüber hinaus kann die Arbeitsschutzverantwortung zum Teil an Führungskräfte übertragen werden. Innerhalb ihres Weisungsbereichs sind Führungskräfte für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz verantwortlich. Dabei wird auch hier eine schriftliche Übertragung der Aufgaben- und Verantwortungsbereiche dringend empfohlen. Es sollte klar festgelegt werden, welche Aufgaben und Entscheidungsbefugnisse die jeweilige Führungskraft im Arbeitsschutz hat. Den Führungskräften müssen außerdem zeitliche Ressourcen zugestanden werden, um ihren Aufgaben im Arbeitsschutz nachkommen zu können.
Da Arbeitsschutzpflichten nur an fachkundige Personen übertragen werden dürfen, ist eine entsprechende Qualifizierung der Arbeitsschutzkoordinator*in und der Führungskräfte unerlässlich. Die Aus- bzw. Weiterbildung dient dem Aufbau ihrer Arbeitsschutzkompetenz. Sie müssen in die Lage versetzt werden, ihre Arbeitsschutzverantwortung zuverlässig wahrzunehmen. Außerdem sollten Führungskräfte für die Wichtigkeit des Themas Arbeitsschutz sensibilisiert werden.
Trotz entsprechender Aufgabenübertragung bleibt die letzte Verantwortung im Bereich des Arbeitsschutzes immer bei der Arbeitgeber*in. Die Organisations- und Aufsichtspflicht ist unauflösbar mit ihrem Direktionsrecht verbunden.
Betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung
Unterstützung beim Thema Arbeitsschutz erhält die Arbeitgeber*in bzw. die Arbeitsschutzkoordinator*in von der Fachkraft für Arbeitssicherheit (FaSi) und der Betriebsärzt*in. Beide haben eine beratende Funktion. Es handelt sich um Stabstellen, d.h. sie sind der Arbeitgeber*in direkt unterstellt. In der Ausübung ihrer Funktion sind sie nicht weisungsgebunden, aber sie haben auch keine Weisungsbefugnis. Auch die Interessenvertretung kann sich durch sie beraten lassen.
Ziel der Zusammenarbeit ist die Schaffung sicherer und gesundheitsgerechter Arbeitsplätze. Entscheidend ist dabei die Einbindung beider Funktionsträger*innen in den Prozess der Gefährdungsbeurteilung. Auch bei anderen arbeitsschutzrelevanten Änderungen im Betrieb (z.B. der Anschaffung neuer Arbeitsmittel, einer Änderung der Arbeitsabläufe oder der Schaffung neuer Arbeitsstätten) sollte ihre Expertise unbedingt in Anspruch genommen werden. Wichtig ist hier eine vorausschauende Beteiligung.
Sowohl die FaSi als auch die Betriebsärzt*in müssen schriftlich bestellt werden und haben schriftliche Berichte über ihre Tätigkeit und Zusammenarbeit abzulegen.
Die betriebliche Interessenvertretung
Die betriebliche Interessenvertretung ist bei allen Arbeitsschutzthemen zu beteiligen und verfügt hier über weitreichende Befugnisse und Mitbestimmungsrechte. Geht es um eine geeignete Arbeitsschutzorganisation kommen Arbeitgeber*innen somit nicht darum herum, sich mit der Interessenvertretung an einen Tisch zu setzen und eine Einigung herbeizuführen. Es ist aber auch wichtig, dass sich Interessenvertretungen überhaupt dem Thema Arbeitsschutzorganisation annehmen und es zu ihrem Thema machen. Erfahrungsgemäß kann nur so die Organisation des Arbeitsschutzes im Betrieb vorangebracht werden.
Einrichtung einer Steuerungsgruppe
Zur Koordination und Entscheidungsfindung wird die Einrichtung einer zentralen Steuerungsgruppe empfohlen. Im Rahmen der Steuerungsgruppe sollten die Arbeitgeber*in bzw. die Arbeitsschutzkoordinator*in und Delegierte der Interessensvertretung regelmäßig zusammenkommen um die Weichen für die betriebliche Arbeitsschutzorganisation zu stellen. Die Aufgaben und die Entscheidungsbefugnisse des Gremiums werden dabei über eine Betriebs- oder Dienstvereinbarung geregelt. Die FaSi und die Betriebsärzt*in stehen der Steuerungsgruppe beratend zur Seite.
Im Gegensatz zum Arbeitsschutzausschuss (ASA) hat die Steuerungsgruppe weniger Mitglieder und besitzt Entscheidungsbefugnisse.
Sicherheitsbeauftragte
In Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten sind Sicherheitsbeauftrage (Sibe) zu bestellen. Die Sibe haben eine wichtige Funktion im betrieblichen Arbeitsschutz. Es handelt sich um Beschäftigte die eine besondere Qualifizierung im Arbeits- und Gesundheitsschutz erhalten. Sie haben die Aufgabe die arbeitsschutzverantwortlichen Personen zu unterstützen; selbst tragen sie keine entsprechende Verantwortung. Da sie sich in ihrem Betriebsbereich gut auskennen, können sie auf Gesundheitsgefahren aufmerksam machen. Ihre Expertise sollte auch bei der Entwicklung geeigneter Maßnahmen genutzt werden, da sie Arbeitsabläufe und Arbeitsalltag gut kennen. Entscheidungen zur Bestellung und Einbindung der Sibe sind im Steuerungsgremium zu treffen. Unter anderem muss festgelegt werden, welche formalen Kriterien Sibe erfüllen müssen, welche Qualifizierung sie erhalten, wie die Kommunikationswege aussehen und wie sie am betrieblichen Arbeitsschutz beteiligt werden.
Der Arbeitsschutzausschuss
In Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten muss außerdem ein Arbeitsschutzausschuss (ASA) gegründet werden. Der ASA tritt mindestens einmal vierteljährlich zusammen.
Im ASA sitzen neben der Arbeitgeber*in oder einer von ihr beauftragten Person (z.B. der Arbeitsschutzkoordinator*in) auch zwei Betriebsratsmitglieder, die FaSi, die Betriebsärzt*in sowie die Sibe. Auch die Schwerbehindertenvertretung hat das Recht an den ASA-Sitzungen teilzunehmen.
Der ASA hat die Aufgabe Anliegen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes sowie der Unfallverhütung zu beraten. Er ist somit ein wichtiger Teil einer funktionierenden Arbeitsschutzorganisation. Im Gegensatz zum Steuerungsgremium werden hier jedoch in der Regel keine Entscheidungen getroffen.
Es ist ratsam, dass an den einzelnen ASA-Sitzungen nicht mehr als 10 Personen teilnehmen. In größeren Betrieben, mit vielen Sibe, können deshalb nicht alle Sibe an den Sitzungen teilnehmen. Es ist eine Auswahl zu treffen. Sinnvoll ist es Sibe einzuladen, deren Bereich oder spezielles Anliegen Thema in der jeweiligen Sitzung ist. Auch ein rollierender Wechsel oder die Wahl von Delegierten ist möglich. Entscheidungen zur ASA-Größe und Auswahl der Sibe unterliegen der Mitbestimmung und sollten in der Steuerungsgruppe getroffen werden.
Organisation und Durchführung der Gefährdungsbeurteilung
Zentrales Instrument des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes ist die nach § 5 Arbeitsschutzgesetz durchzuführende Gefährdungsbeurteilung. Sie ist für jede Tätigkeit und jeden Arbeitsbereich des Betriebs durchzuführen.
Die Gefährdungsbeurteilung umfasst im Kern folgende Schritte:
- Systematische Abschätzung der sich aus der Arbeit ergebenden Gefährdungen für die Sicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten
- Ableitung geeigneter Maßnahmen zur Reduktion dieser Gefährdungen
- Umsetzung der Maßnahmen
- Überprüfung der Maßnahmenwirksamkeit
Dabei sollte die Gefährdungsbeurteilung einen prozesshaften Charakter haben, d.h. die einzelnen Schritte immer wieder durchlaufen werden. Das Gesetz schreibt außerdem die schriftliche Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung vor.
Doch auch wenn alle diese Schritte durchlaufen werden, ist die Gefährdungsbeurteilung nicht automatisch vollständig. Wichtig ist, dass im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung alle relevanten Gefährdungen berücksichtigt werden, die sich aus der Arbeit ergeben. Dies umfasst sowohl physische als auch psychische Gefährdungen.
Auch die Gefährdungsbeurteilung unterliegt der Mitbestimmung der Interessenvertretung. Die Steuerungsgruppe als Ort relevanter Entscheidungen bietet sich auch zur Organisation der Gefährdungsbeurteilung an. Wo notwendig sollte die Expertise von FaSi, Betriebsärzt*in und ggf. externen Expert*innen in Anspruch genommen werden.
Aufarbeitung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten
Ein Unternehmen mit einem gut organisierten Arbeitsschutz ist ein lernendes Unternehmen. Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und andere arbeitsbedingte Erkrankungen von Beschäftigten werden systematisch aufgearbeitet und zur Verbesserung des bestehenden Arbeitsschutzes genutzt.
Im Fall von Arbeitsunfällen bietet sich die Analyse der Unfallursachen mit Hilfe eines entsprechenden Formulars an. Es sollte darum gehen Risikofaktoren, die zum Unfall geführt haben, zu erkennen und Ideen für geeigneten Maßnahmen zur Risikoreduktion zu entwickeln.
Es ist jedoch sehr wichtig, hier keine falschen Ursachenzuschreibungen vorzunehmen. Keinesfalls dürfen leichtfertig Unzulänglichkeiten oder Unaufmerksamkeiten der beschäftigten Person als Unfallursache gesehen werden! Hier gilt es genauer hinzuschauen. Fast immer sind solche Fehlhandlungen und „Unaufmerksamkeiten“ auf eine mangelhafte Arbeitsgestaltung oder Arbeitsorganisation zurückzuführen.
Relevante Fragen können sein:
- Entspricht die Arbeitsgestaltung den ergonomischen Anforderungen?
- Ist die Arbeitsgestaltung den kognitiven Ressourcen der Beschäftigten angemessen? Kommt es weder zu einer Über- noch zu einer Unterforderung?
- Wann im Arbeitstag kam es zum Arbeitsunfall? Wie lange liegt die letzte Pause zurück?
- Gibt es Änderungen in der Arbeitsgestaltung, den vorhandenen Arbeitsmitteln, der Arbeitsumgebung, der Arbeitsorganisation oder der Qualifizierung der beschäftigten Person, die den Unfall hätten verhindern können?
Kommunikation und Verbesserung
Eine gute Arbeitsschutzorganisation beruht auf der innerbetrieblichen Kommunikation und Kooperation aller Akteur*innen. Sie nutzt die Erfahrungen und Kenntnisse sämtlicher Beschäftigten zur systematischen Verbesserung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Alle Beschäftigten sollten die Möglichkeit haben auf Arbeitsschutzmängel hinzuweisen und Verbesserungsvorschläge für den betrieblichen Arbeitsschutz zu machen. Hierfür sind entsprechende Kommunikationswege festzulegen. Beschäftigte müssen wissen, an wen sie sich wenden können, d.h. wer die Arbeitsschutzverantwortlichen sind und wer in ihrem Bereich zur Sibe bestellt wurde. Auch die Wege der Informationsweiterleitung und -berücksichtigung sind zu spezifizieren.
Außerdem ist die Weitergabe bestimmter Informationen an externe Stellen zu regeln (z.B. Mutterschutzanzeigen, Unfallanzeigen). Wer ist hier in welchen Fällen zuständig? Welche Information muss an wen weitergegeben werden?
Rechtliche Grundlagen
Im Rahmen des betrieblichen Arbeitsschutzes sind zahlreiche Gesetze und Vorschriften inkl. der Unfallverhütungsvorschriften zu berücksichtigen. Hier müssen Zuständigkeiten geregelt werden. Wer hat die Aufgabe die relevanten Rechtsvorschriften zu ermitteln? Wie werden Führungskräfte und Beschäftigte informiert? Gilt dies auch für Änderungen in den Vorschriften? Wer sorgt dafür, dass die Änderungen im Betrieb umgesetzt werden?
Rechtsvorschriften im Arbeitsschutz (eine Auswahl)
- Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
- Arbeitszeitgesetz (ArbZG)
- Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG)
- Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG)
- Mutterschutzgesetz (MuSchG)
- Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV)
- Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
- Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)
- Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)
Unterweisung der Beschäftigten
Die regelmäßige Unterweisung von Beschäftigten ist ein wichtiger Baustein in der betrieblichen Arbeitsschutzorganisation. Sie sollte keinesfalls als reine Formalpflicht angesehen werden. Unterweisungen werden überall dort notwendig, wo Gefährdungen nicht durch andere Maßnahmen vermieden werden können. Der Bedarf an Unterweisungen ergibt sich somit aus der Gefährdungsbeurteilung. Ihr Ziel ist es, die Beschäftigten in die Lage zu versetzen sicher und gesundheitsgerecht zu arbeiten. Es ist wichtig sicherzustellen, dass die Inhalte für die Beschäftigten verständlich und umsetzbar sind. Dazu gehört, dass sie in Dialogform stattfinden, und zwar in einer für die Beschäftigten verständlichen Sprache. Wenn möglich sollte die Unterweisung zumindest teilweise direkt am Arbeitsplatz stattfinden. So können die sicheren bzw. gesundheitsgerechten Handlungsweisen direkt erprobt werden und es wird sichergestellt, dass die Unterweisung von den Beschäftigten verstanden wurde.
Zur Arbeitsschutzorganisation gehört es, dass die Zuständigkeiten in Bezug auf Unterweisungen klar festgelegt werden. Wer legt den Bedarf fest? Wer organisiert die Unterweisungen? Wie und von wem werden die Unterweisungen dokumentiert?
Arbeitsmedizinische Vorsorge
Ziel der arbeitsmedizinischen Vorsorge durch die Betriebsärzt*in ist die Prävention arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren und die Früherkennung bzw. Verhinderung arbeitsbedingter Erkrankungen. Es handelt sich um ein Recht von Beschäftigten. Sie werden in einem geschützten Raum aufgeklärt und beraten; es werden keine personenbezogenen Informationen an die Arbeitgeber*in weitergegeben. Die Vorsorge ist somit klar abzugrenzen von Eignungs- und Tauglichkeitsuntersuchungen. Selbst bei der Pflichtvorsorge gibt es zwar die Pflicht zur Teilnahme, jedoch keinen Untersuchungszwang.
Im Rahmen der betrieblichen Arbeitsschutzorganisation sind die entsprechenden Zuständigkeiten festzulegen. Für wen gilt die Pflichtvorsorge, für wen die Angebotsvorsorge und für wen die Wunschvorsorge? Wie ist die praktische Durchführung organisiert? Wie werden die Beschäftigten informiert? Wie wird sichergestellt, dass Beschäftigte an der Pflichtvorsorge teilnehmen? Wie ist das Vorgehen bei der Angebots- und Wunschvorsorge?
Erste Hilfe und Notfallmaßnahmen
Im Notfall muss es schnell gehen. Deshalb sind Erste Hilfe und die Vorbereitung auf Notfallsituationen besonders gut zu organisieren. Betriebliche Abläufe und Rettungsketten sind festzulegen (z.B. für den Brandfall). Die Benennung und Ausbildung von Ersthelfer*innen, Brandschutzhelfer*innen und Evakuierungshelfer*innen ist zu regeln. Hilfsmittel sind anzuschaffen und bereit zu stellen. Die Beschäftigten sind zu informieren. Übungen sind durchzuführen (z.B. Brandschutzübungen, Rettungsübungen).
Auch hier ist die Steuerungsgruppe gefragt um entsprechende Entscheidungen zu treffen und Zuständigkeiten festzulegen.
Leiharbeitnehmer*innen und befristete Beschäftigte
Die betrieblichen Arbeitsschutzanforderungen gelten auch für Personen die nur zeitweise im Betrieb arbeiten. Ihre Einbindung in den betrieblichen Arbeitsschutz ist dabei gesondert zu organisieren. Es muss sichergestellt werden, dass sie erforderliche Unterweisungen und Schutzausrüstung erhalten, die Möglichkeit zur arbeitsmedizinischen Vorsorge bekommen und in der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt werden.
Zusammenarbeit mit Externen
Auch in Bezug auf die Zusammenarbeit mit Fremdfirmen (z.B. Subunternehmen, Lieferant*innen, Wartungsfirmen) ist der Arbeitsschutz gut zu organisieren. So können gerade durch betriebsfremde Personen auf dem Betriebsgelände besondere Gefährdungen entstehen. Betriebliche Arbeitsschutzregeln müssen bekannt sein und auch von ihnen beachtet werden.
Hier sind entsprechende Zuständigkeiten und Abläufe festzulegen: Wie wird der Arbeitsschutz in der Zusammenarbeit mit Fremdfirmen organisiert und koordiniert? Wie werden betriebsfremde Personen über betriebliche Arbeitsschutzvorgaben informiert? Wie wird ihre Einhaltung sichergestellt und kontrolliert?
Leseempfehlungen
Axel Herbst (2013). Der Arbeitsschutzausschuss in der betrieblichen Praxis. Betriebliche Mitbestimmung und betriebliche Handlungshilfen. Arbeitspapier 288. Download: www.boeckler.de
DGUV (2011). DGUV Vorschrift 2: Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit Unfallverhütungsvorschrift. Download: https://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/v2-bghw.pdf
DGUV (2013). DGUV Vorschrift 1: Grundsätze der Prävention Unfallverhütungsvorschrift. Download: https://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/1.pdf
DGUV (2014). DGUV Regel 100-001: Grundsätze der Prävention. Download: https://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/100-001.pdf
Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (2017). Arbeitsschutz gemeinsam anpacken. Leitlinie Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes. Download: www.gda-portal.de
Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (2013). GDA ORGAcheck: Arbeitsschutz mit Methode – zahlt sich aus. Download: www.gda-orgacheck.de
Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Bundesverwaltung (2012) DGUV-Vorschrift 2: Betriebs- und tarifpolitische Gestaltungsspielräume. Download: http://www.verdi-gefährdungsbeurteilung.de/upload/verdi_Veroeffentlichung_DGUV_Vorschrift-2-Gestaltungsspielraeume.pdf
Weitere Informationen
- Grundlegend im Arbeitsschutz ist die DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ sowie die gleichnamige DGUV Regel 100-001 der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Die zentrale Unfallverhütungsvorschrift gibt Hinweise auf eine geeignete Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes. Außerdem werden die Pflichten der Arbeitgeber*in und der Beschäftigten im Arbeitsschutz geregelt.
- Eine gute Kurzübersicht über die Handlungsfelder im Rahmen der Arbeitsschutzorganisation gibt der GDA ORGAcheck der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA).
- Die Aufgaben und Einsatzzeiten von Betriebsärzt*innen und Fachkräften für Arbeitssicherheit sind in der DGUV Vorschrift 2 geregelt. Genaueres erfahren Sie in unserem Infoblatt Aufgaben und Einsatz von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit: Mitgestalten – Mitbestimmen. Das Infoblatt ist auf der Homepage der Beratungsstelle Arbeit & Gesundheit als PDF verfügbar.
- Die Broschüre „DGUV-Vorschrift 2: Betriebs- und tarifpolitische Gestaltungsspielräume“ gibt Hinweise für Interessensvertretungen zur Ausübung ihrer Mitbestimmung in diesem Rahmen. Sie findet sich auf www.verdi-gefährdungsbeurteilung.de unter „Materialien zum Download“.
Weitergehende Hinweise zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung finden Sie in unserem Infoblatt
Gefährdungsbeurteilung – ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem gesunden Betrieb. Das Infoblatt ist auf der Homepage der Beratungsstelle Arbeit & Gesundheit als PDF verfügbar.
– Stand April 2019 –