Im Zuge der zunehmenden Verbreitung von Homeoffice und mobiler Arbeit führen viele Unternehmen Desksharing ein. Das vorliegende Infoblatt gibt Orientierung, was dabei aus Sicht der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes zu beachten ist. Es benennt Gestaltungsaufgaben der verschiedenen Betriebsparteien und Schritte eines systematischen Einführungsprozesses.
Worum geht es?
Beim Desksharing werden Büroarbeitsplätze von mehreren Beschäftigten zeitversetzt genutzt. Häufig liegt dabei die Anzahl der Arbeitsplätze unter der der Beschäftigten. In diesem Fall ist es nicht möglich, dass alle Beschäftigten gleichzeitig in der Arbeitsstätte arbeiten. Klassischerweise steht den Beschäftigten kein fester Arbeitsplatz mehr zur Verfügung. Sie sitzen an wechselnden Arbeitsplätzen. Möglich sind aber auch Formen des Desksharings, in denen sich z. B. zwei Beschäftigte einen festen Arbeitsplatz teilen, indem dieser von einer Person vormittags und einer anderen Person nachmittags genutzt wird.
Ausgangspunkt für die Einführung von Desksharing ist meist die Annahme, dass nicht immer alle Beschäftigten vor Ort sind. Gründe hierfür können ein großer Anteil Teilzeitbeschäftigter, ein hoher Anteil von Arbeiten im Außendienst, Schichtarbeit oder die Einführung von Telearbeit bzw. Homeoffice sein.
Was sind die Gestaltungsaufgaben?
Eine Zusammenstellung der Gestaltungsaufgaben bei der Einführung von Desksharing findet sich in Abb. 1. So gilt es, von Beginn an die Mitbestimmung der Interessensvertretung zu wahren. Ideal ist demnach ein Planungsprozess, in dem die Betriebsparteien zusammenarbeiten und für eine angemessene Beteiligung der Beschäftigten sorgen. Auch die Belange von Beschäftigten mit Schwerbe*hinderung sind bei der Planung und Einführung unbedingt zu
berücksichtigen. Ihnen müssen barrierefreie Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt werden. Hier ist zu bedenken, dass Be*hinderungen unterschiedlich sichtbar sind und von Beschäftigten nicht immer im Betrieb bekannt gemacht werden. Es muss ein Weg gefunden werden, um Stigmatisierungen und unfreiwillige »Outings« zu vermeiden und trotzdem barrierefreie Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. Aus diesem Grunde wird empfohlen, auch die Schwerbe*hindertenvertretung von Beginn an in den Planungsprozess einzubinden.
Abb. 1: Gestaltungsaufgaben beim Desksharing
- Mitbestimmung der Interessenvertretung
- Beteiligung der Beschäftigten
- Belange der Beschäftigten mit Schwerbehinderung berücksichtigen (Barrierefreiheit)
- Anforderungen an die Arbeitsplatzgestaltung definieren (nach Tätigkeiten/Abteilungen)
- Einhaltung rechtlicher Vorgaben und ergonomischer Gestaltungsrichtlinien (z.B. vorausschauende Gefährdungsbeurteilung)
- Einigung auf Spielregeln für die Nutzung von Desksharing-Arbeitsplätzen
Die Anforderungen an die Arbeitsplätze sollten tätigkeitsspezifisch definiert und dabei gesetzliche Vorgaben im Blick behalten werden. Während des Prozesses sind außerdem zu unterschiedlichen Zeitpunkten Gefährdungsbeurteilungen durchzuführen, u. a. eine vorausschauende Gefährdungsbeurteilung vor der Einführung des Desksharings. Weitere Gefährdungsbeurteilungen folgen während und nach Einführung. Auch die Einigung auf »Spielregeln« für die Nutzung der Desksharing Arbeitsplätze ist ein zentraler Schritt im Prozess.
Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen gelten?
Es gelten u.a. die Vorgaben des Arbeitsschutzgesetzes, der Arbeitsstättenverordnung und der Betriebssicherheitsverordnung. Besonders hervorzuheben ist dabei die Pflicht eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen (§ 5 ArbSchG). Die Gefährdungsbeurteilung ist eines der wichtigsten Instrumente des modernen Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung werden in einem ersten Schritt die mit einer Tätigkeit verbundenen Risiken abgeschätzt. Zu berücksichtigen sind sowohl physische als auch psychische Belastungsfaktoren. In einem zweiten Schritt geht es um die Ableitung und Umsetzung geeigneter Maßnahmen zur Beseitigung oder Minimierung dieser Risiken. Bei der Einrichtung von Desksharing Arbeitsplätzen ist – wie vor jeder Inbetriebnahme neuer oder veränderter Arbeitsstätten sowie vor dem Einsatz neuer Arbeitsmittel – zwingend eine vorausschauende Gefährdungsbeurteilung erforderlich (§ 3 ArbStättV, § 3 BetrSichV). Konkrete Ideen zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung im Einführungsprozess von Desksharing, finden sich im Abschnitt »Gefährdungsbeurteilungen im Einführungsprozess«.
Welche Rechte hat die Interessensvertretung?
Betriebsräte sind beim gesamten Prozess der Gefährdungsbeurteilung in der Mitbestimmung (§ 87 (1) 7 BetrVG). Personalräte und Mitarbeitervertretungen können ihr Mitbestimmungsrecht dagegen erst ab dem Schritt der Maßnahmenableitung geltend machen (§ 86 (1) 15 HmbPersVG, § 40 b MVG-EKD). Aus praktischer Sicht ist es jedoch auch hier ratsam, den Prozess von Anfang an gemeinsam mit der Arbeitgeber*in zu gestalten. Personalräte und Mitarbeitervertretungen haben zusätzlich ein Mitbestimmungsrecht bei der Gestaltung der Arbeitsplätze, d.h. auch bei der Gestaltung von Desksharing Arbeitsplätzen (§ 86 (1) 4 HmbPersVG, § 40 g MVG-EKD). Betriebsräte haben bei Neu- oder Umbaumaßnahmen bzw. der Planung von Arbeitsplätzen dagegen ein Unterrichtungs- und Beratungsrecht (§ 90 BetrVG). Sie müssen rechtzeitig informiert werden und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung gestellt bekommen. Rechtzeitig bedeutet, dass die Vorschläge und Bedenken des Betriebsrats bei der Planung noch berücksichtigt werden können. Im Gesetzestext wird dabei explizit benannt, dass hierbei von beiden Betriebsparteien gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit berücksichtigt werden sollen.
Was sind die Prozessschritte bei der Einführung?
Zu Beginn des Planungsprozesses ist es sinnvoll, dass sich beide Betriebsparteien zusammensetzen und Eckpunkte für die Gestaltung der neuen Arbeitsplätze entwickeln. Zunächst könnten die Betriebsparteien getrennt voneinander Überlegungen sammeln. In anschließenden Verhandlungen erfolgt dann die Einigung auf gemeinsame Eckpunkte. Im Idealfall steht am Ende des Einigungsprozesses die Vereinbarung eines gemeinsamen Prozesses sowie die Bildung einer Steuerungsgruppe. Zu folgenden Fragen sollten in den Eckpunkten bereits Vereinbarungen getroffen werden: Ist die Teilnahme am Desksharing freiwillig? Wie hoch ist die Desksharingquote – d.h. der Anteil von Arbeitsplätzen im Verhältnis zur Gesamtzahl der teilnehmenden Mitarbeitenden? Was ist die Mindestausstattung für ergonomische Arbeitsplätze im Unternehmen? Ganz wesentlich ist es, bereits bei der Aushandlung der Eckpunkte, Aspekte der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes mitzudenken. Die Erfahrung zeigt, dass nachträgliche Arbeitsschutzmaßnahmen meist weniger wirksam sind als eine vorausschauende Planung. Außerdem werden wirksame nachträgliche Arbeitsschutzmaßnahmen häufig aus Kostengründen nicht umgesetzt. Als Beispiel sei genannt, dass einige Betriebe zur Einführung von Desksharing Wände entfernen um Einzelbüros in Mehrpersonenbüros umzuwandeln. Häufig fällt erst nachträglich auf, dass hier ein Lärmproblem entsteht. Die Beschäftigten stören sich gegenseitig, weil sie z. B. gleichzeitig an unterschiedlichen Videokonferenzen teilnehmen müssen. Statt die Wände wiederaufzubauen, werden dann meist weniger wirksame nachträgliche Maßnahmen gewählt, wie z. B. das Anbringen von Deckensegeln oder Wandabsorbern. Solche Planungsfehler können durch eine gute Prozessgestaltung von Anfang an vermieden werden.
Abb. 2: Vorgehen bei der Büroraumplanung*
Schritt 1: Planungsgrundlagen
Arbeitsaufgaben, Beschäftigte, Arbeitsmittel, räumliche Gegebenheiten, Arbeitsorganisation usw.
Schritt 2: Arbeitsplatzkonzept Funktionalität, Ergonomie
Schritt 3: Raumfunktionskonzept
Zuordnung der Funktionsbereiche, Aufstellung der Arbeitsplätze, Arbeitsumgebung
Schritt 4: Bürokonzept Büroraumformen, Organisationsformen
Hier fällt erst die Entscheidung, ob Desksharing die geeignete Arbeitsform ist!
*nach »Büroraumplanung DGUV Information 215–441«
Auch die Beteiligung der Beschäftigten ist entscheidend, um zu guten Gestaltungsergebnissen zu kommen und negative Beanspruchungsfolgen zu vermeiden. Es sind die Beschäftigten, die am besten wissen, wie sie arbeiten wollen und was für ihre Arbeit wichtig ist. So ist es für eine passende Planung beispielsweise unabdingbar, von den Beschäftigten die Information einzuholen, wer wie oft einen betrieblichen Arbeitsplatz benötigt. Wichtig ist hier auch die Berücksichtigung der Wochentage. Ist es vielleicht so, dass alle Beschäftigten am selben Wochentag im Büro arbeiten wollen, weil an diesem Tag die Teamsitzung in Präsenz stattfindet? Ähnliches gilt für die Planung der Ausstattung und Anordnung der Arbeitsplätze: Die Beschäftigten wissen am besten, welcher Anteil Ruhearbeit für ihre Tätigkeit notwendig ist, wann sie mit wem kommunizieren müssen und ob die Kommunikationsinhalte vertraulich sind. Auch dieses Wissen muss in Planung einbezogen werden. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass die Akzeptanz der Beschäftigten für die neue Arbeitsweise höher ist, wenn ihre Expertise bezüglich der eigenen Arbeit bei der Gestaltung der neuen Arbeitsplätze Berücksichtigung findet. Die beiden Betriebsparteien sollten deshalb relativ früh im Planungsprozess darüber nachdenken, an welchen Punkten im Planungsprozess eine Beteiligung der Beschäftigten sinnvoll ist und in welcher Form diese erfolgen soll.
Sind diese Grundlagen geschaffen, können nun schrittweise verschiedene Vereinbarungselemente entwickelt werden. Zunächst sollten die konkrete Gestaltung der Arbeitsplätze und der Arbeitsumgebung angegangen werden. Hier ist das in Abb. 2 beschriebene Vorgehen nach »DGUV Information 215–441 sinnvoll. Eine genauere Beschreibung des Vorgehens finden Sie in unserem Infoblatt »systematische Büroraumplanung« (vgl. Leseempfehlungen). Erst im Laufe dieses Planungsprozesses zeigt sich, ob Desksharing tatsächlich eine geeignete Organisationsform für das eigene Unternehmen ist. Unter anderem steht bei der Entwicklung des Arbeitsplatzkonzepts die Frage im Raum, ob eine gleichartige Ausstattung der Arbeitsplätze überhaupt passend und machbar ist. Beim Desksharing müssen sämtliche Arbeitsplätze so gestaltet werden, dass alle potenziellen Nutzer*innen dort ihre Arbeitstätigkeiten ausüben können. Arbeiten einige Beschäftigte mit zwei Bildschirmen, sind sämtliche Arbeitsplätze entsprechend auszustatten. In den meisten Fällen ist es außerdem sinnvoll verschiedene Arbeitsplatztypen anzubieten; z. B. Ruhearbeitsplätze, Arbeitsplätze für die Teilnahme an Videokonferenzen, Besprechungsräume oder Beratungsräume. Bei der Festlegung der benötigten Anzahl von Arbeitsplätzen sollte auf das Wissen der Beschäftigten zurückgegriffen werden. Sie können am besten einschätzen, welchen Anteil ihrer Arbeitszeit die einzelnen Arbeitstätigkeiten ausmachen und welchen Arbeitsplatztyp sie dafür benötigen. Beim Raumfunktionskonzept geht es unter anderem um die Frage, inwieweit eine räumliche Nähe zwischen bestimmten Beschäftigten sinnvoll ist (z. B. Mitglieder eines Teams, die sich miteinander abstimmen müssen). Unter Berücksichtigung der vorangegangenen Planungsschritte kann schließlich im letzten Schritt – beim Bürokonzept – entschieden werden, welche Büroform (z. B. Einzelbüros oder Mehrpersonenbüros) und welche Arbeitsweise (z. B. eigener Arbeitsplatz oder Desksharing) geeignet sind.
Wird Desksharing umgesetzt, muss darüber nachgedacht werden, welchen Bedarf an persönlichen Arbeitsmitteln die Beschäftigten haben. So sollte beispielsweise jede Person ein eigenes Headset haben. Auch bei Computermäusen ist es meist sinnvoll, dass jede Person ihre eigene hat. Häufig gibt es einzelne Beschäftigte, die eine ergonomische Maus nutzen oder die Händigkeit der Nutzer*innen unterscheidet sich.
Der nächste Schritt ist die Entscheidung für ein Buchungssystem. Mit Buchungssystem ist ein Programm gemeint, mit dessen Hilfe Arbeitsplätze im Betrieb an bestimmten Tagen bzw. zu bestimmten Uhrzeiten reserviert werden können. Über das Buchungssystem sollte es möglich sein, die verschiedenen Arbeitsplatztypen gezielt zu reservieren. Idealerweise kann die Buchung über verschiedene Geräte erfolgen (PC, Laptop, Tablet, Smartphone) und ist sowohl langfristig als auch kurzfristig möglich. Ein solches Buchungssystem kann bei der transparenten Zuteilung von Arbeitsplätzen unterstützen und die Vergabe gerecht regeln. Lediglich in Ausnahmefällen braucht es kein solches Buchungssystem, z. B. wenn sich zwei Teilzeitkräfte einen Arbeitsplatz teilen und beide feste und regelmäßige zeitversetzte Arbeitszeiten haben.
Schließlich gilt es sich auf Regeln für die Nutzung und Reinigung der Desksharing- Arbeitsplätze zu einigen. Weit verbreitet ist eine Clean-Desk-Regel, d. h. die Vereinbarung, dass keine Gegenstände und Unterlagen auf dem Schreibtisch zurückgelassen werden. Dies stellt in den meisten Betrieben eine große Veränderung zur gewohnten Arbeitsweise dar. Deshalb sollten auch bei dieser Entscheidung die Beschäftigten mit einbezogen werden: Wollen Sie eine Clean-Desk-Regel? Oder gibt es eine andere Regelung, die den Beschäftigten des Betriebs mehr entspricht? Außerdem muss an dieser Stelle auch darüber geredet werden, was passiert, wenn ein Arbeitsplatz bzw. ein bestimmter Arbeitsplatztyp benötigt wird, aber nicht mehr buchbar ist.
Die neue Arbeitsweise sollte zunächst für einen begrenzten Zeitraum in einer Pilotgruppe ausprobiert werden. Hier können verschiedene Umsetzungsmöglichkeiten in kleinem Rahmen getestet werden. Es zeigt sich, wo jeweils die Vorteile, aber auch Probleme und Schwierigkeiten liegen. In einem voranschreitenden Prozess ist es so möglich, geeignete Standards und Regelungen für das Desksharing im gesamten Unternehmen zu entwickeln.
Auf die während des Prozesses durchzuführenden Gefährdungsbeurteilungen, wird im nächsten Abschnitt genauer eingegangen.
Ist ein Anlass für die Einführung von Desksharing die vermehrte Arbeit von zu Hause oder unterwegs, müssen auch diese Arbeitsplätze gemäß den gesetzlichen Vorgaben zur Arbeitssicherheit und zum Gesundheitsschutz gestaltet werden. Unter anderem ist für diese Arbeitsplätze ebenfalls eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen und es sind entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Wie immer sind in dieser Gefährdungsbeurteilung sowohl die physischen, als auch die psychischen Belastungen zu berücksichtigen. Genauere Informationen zur gesundheitsgerechten Gestaltung der Arbeit von zu Hause, finden Sie in unserem Informationsblatt »Homeoffice aus Sicht des Arbeits- und Gesundheitsschutzes« (vgl. Leseempfehlungen).
Eine Zusammenfassung der Prozessschritte bei der Einführung von Desksharing findet sich in Abb. 3.
Abb. 3: Prozessschritte bei der Einführung von Desksharing
Entwicklung von Eckpunkten für die Gestaltung
- Jede Betriebspartei für sich
- In gemeinsamen Verhandlungen
Vereinbarung eines gemeinsamen Prozesses
Beteiligung der Beschäftigten
Beteiligungsschleifen zu defifinierten Planungsschritten
Schrittweise Entwicklung von Vereinbarungselementen
- Gestaltung der Arbeitsplätze
- Techniknutzung für die Buchung
- Spielregeln für die Nutzung
- Pilotphase / Pilotgruppe
- Gefährdungsbeurteilung
- Ggf. Homeoffice
Gefährdungsbeurteilungen im Einführungsprozess
Die Zusammenstellung der ergonomischen Anforderungen an die Desksharing-Arbeitsplätze bildet die Grundlage der Gefährdungsbeurteilungen. Zu Gefährdungsbeurteilungen gehört, neben der Abschätzung der Risiken, auch die Ableitung und Umsetzung geeigneter Maßnahmen. Hier gilt es – neben den körperlichen Belastungen – die sich aus den Arbeitsbedingungen ergebenden psychischen Belastungen mit zu berücksichtigen. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung sind folgende Bereiche anzuschauen: Arbeitsaufgabe, Arbeitsorganisation, Arbeitszeit, soziale Beziehungen, Arbeitsmittel und Arbeitsumgebung (vgl. die Broschüre »Berücksichtigung psychischer Belastung in der Gefährdungsbeurteilung« in den Leseempfehlungen). Dies geht nur mit Beteiligung der Beschäftigten.
Eine erste Gefährdungsbeurteilung ist bei Vorlage der konkreten Planungsunterlagen durchzuführen. Sie umfasst verschiedene Aspekte. Zum einen sollte auf Grundlage der ergonomischen Anforderungen eine gutachterliche Bewertung der Planungsunterlagen durch eine kompetente Person, z. B. die Fachkraft für Arbeitssicherheit, erfolgen. Zum anderen ist es sinnvoll eine vorausschauende Gefährdungsbeurteilung unter Einbezug der Beschäftigten durchzuführen. Hier bieten sich sowohl Teamworkshops als auch Planspiele mit den Beschäftigten an. In unserem Infoblatt »Systematische Büroraumplanung« finden sich weitergehende Überlegungen dazu, wie die vorausschauende Gefährdungsbeurteilung in den Prozess der systematischen Büroraumplanung integriert werden könnte (vgl. Leseempfehlungen). Diese Überlegungen lassen sich auf den Planungs- und Einführungsprozess von Desksharing übertragen.
Vor Inbetriebnahme der neuen Arbeitsplätze steht eine Gefährdungsbeurteilung auf Grundlage einer Begehung der Baustelle an. Auch hier ist es sinnvoll bestimmte Beschäftigten mit einzubeziehen.
Schließlich empfiehlt es sich, drei bis sechs Monate nach Inbetriebnahme der neuen Arbeitsplätze erneut eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Sowohl in Form einer Begehung, als auch in Form von Workshops unter Einbezug der Beschäftigten.
Besondere Anforderungen an Desksharing Arbeitsplätze
Einige der besonderen Anforderungen wurden bereits erwähnt. So müssen die Desksharing Arbeitsplätze so ausgestattet sein, dass alle Beschäftigten ihre Tätigkeit ausüben können. Dies betrifft den Platzbedarf und die Ausstattung mit Technik (z. B. Docking Stationen, Anzahl der Bildschirme). Darüber hinaus muss es allen teilnehmenden Beschäftigten möglich sein, an allen diesen Arbeitsplätzen zu arbeiten. Gibt es Beschäftigte mit Be*hinderungen, müssen sämtliche Arbeitsplätze entsprechend ausgestattet sein. Auch darüber hinaus müssen die Arbeitsplätze anpassbar sein an die individuellen Erfordernisse wie Körpergröße und Händigkeit. Wegen der häufig wechselnden Einstellung – z. B. bei der Sitzhöhe des Arbeitsstuhls – empfiehlt es sich, besonders robuste Arbeitsmittel anzuschaffen. Außerdem muss es für alle Beschäftigten die Möglichkeit zur sicheren, d. h. abschließbaren, Unterbringung individueller Gegenstände und Unterlagen geben. Bei den Arbeitsabläufen müssen Rüstzeiten mit eingeplant werden. Sowohl die Wege von der Unterbringungsmöglichkeit zum Arbeitsplatz, als auch das tägliche Einrichten und Aufräumen des Arbeitsplatzes zählen zur Arbeitszeit. Entsprechende Zeitpuffer sind bei den Terminen mit einzuplanen, so dass kein Termindruck entsteht.
Desksharing und Homeoffice
Ein verbreiteter Grund für die Einführung von Desksharing ist die vermehrte Arbeit von zu Hause. Die Einführung von Desksharing steht dann meist in Verbindung mit dem Abbau betrieblicher Arbeitsplätze.
Häufig kommt dabei die Frage auf, welche Arbeitsmittel für den Heimarbeitsplatz von der Arbeitgeber*in zur Verfügung gestellt und finanziert werden müssen. Für Telearbeitsplätze ist dies eindeutig geregelt: die erforderliche Ausstattung ist von der Arbeitgeber*in bereitzustellen und zu installieren (§ 2 Abs. 7 ArbStättV). Für sonstige Arbeit von zu Hause – egal ob die verwendete Bezeichnung Homeoffice oder Mobile Arbeit ist – sind die Regelungen weniger eindeutig. Es gilt der Grundsatz, dass die Arbeitgeber*in einen voll eingerichteten Arbeitsplatz zur Verfügung stellen muss, an dem die Arbeitsleistung erbracht werden kann. Dieser Arbeitsplatz kann sich im Betrieb oder im Heimbereich der Beschäftigten befinden. Ist der betriebliche Arbeitsplatz zu bestimmten Zeiten, in denen Arbeitsleistung erwartet wird, nicht nutzbar, müsste die Arbeitgeber*in zusätzlich die Ausstattung für den Homeoffice-Arbeitsplatz übernehmen. Dies kann z. B. dann der Fall sein, wenn im Zuge der Einführung von Desksharing betriebliche Arbeitsplätze abgebaut wurden. In diesem Fall sollte außerdem bereits in der Planungsphase geregelt werden, was passiert, wenn Beschäftigte im Betrieb arbeiten wollen, dort aber keine Arbeitsplätze mehr frei sind.
Des Weiteren ist bei der Ausstattung der betrieblichen Arbeitsplätze zu beachten, dass in den Besprechungsräumen hybride Technik notwendig werden kann.
Zu beachten ist außerdem, dass sich die Beschäftigten mit der Arbeit im Homeoffice einverstanden erklären müssen. Es gibt gute Gründe warum manche Beschäftigten dies nicht wollen oder können, z. B. weil sie Arbeit und Privatleben trennen wollen, zu Hause nicht ungestört arbeiten können oder die räumlichen Gegebenheiten zu Hause der Einrichtung eines ergonomischen Arbeitsplatzes entgegenstehen.
Auch für Heimarbeitsplätze und mobile Arbeitsplätze ist eine umfassende Gefährdungsbeurteilung durchzuführen (vgl. Informationsblatt »Homeoffice aus Sicht des Arbeits- und Gesundheitsschutzes« in den Leseempfehlungen).
Wie kann Ihnen unsere Beratungsstelle weiterhelfen?
Sowohl Arbeitgeber*innen und betriebliche Funktionsträger*innen (z. B. Mitglieder von Interessensvertretungen) als auch einzelne Beschäftigte aus Hamburg können sich mit ihren Anliegen an uns wenden. Als Beratungsstelle Arbeit & Gesundheit bieten wir eine orientierende Beratung und punktuelle Prozessbegleitung. Bei Bedarf vermitteln wir weitergehende Kontakte.
Leseempfehlungen
Berücksichtigung psychischer Belastung in der Gefährdungsbeurteilung. Empfehlungen zur Umsetzung in der betrieblichen Praxis. Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie: Arbeitsprogramm Psyche (2022). Download: https://www.gda-portal.de/DE/Downloads/pdf/Psychische-Belastung-Gefaehrdungsbeurteilung-4-Auflage.pdf?__blob=publicationFile&v=2
Büroraumplanung – Hilfen für das systematische Planen und Gestalten von Büros. DGUV Information 215– 441. Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (2016).
Download: https://publikationen.dguv. de/widgets/pdf/download/article/224.
Gefährdungsbeurteilung – ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem gesunden Betrieb. Beratungsstelle Arbeit & Gesundheit (2014). Download: https://www.arbeitundgesundheit.de/downloads/Gefaehrdungsbeurteilung.pdf.
Homeoffice aus Sicht des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Beratungsstelle
Arbeit & Gesundheit (2022). Download: https://www.arbeitundgesundheit.de/downloads/Homeoffice-und-Arbeitsschutz-2022_Barrierefrei.pdf.
Systematische Büroraumplanung. Beratungsstelle Arbeit & Gesundheit (2020). Download: https://www.arbeitundgesundheit.de/downloads/Systematische-Bueroraumplanung-2020_Barrierefrei.pdf.
Stand: März 2023
Wer wir sind
Die Beratungsstelle Arbeit & Gesundheit besteht seit 1989. Sie ist ein Projekt des gemeinnützigen Vereins »Arbeit & Gesundheit« und wird unter anderem mit Mitteln der Hamburger Behörde für Justiz und Verbraucherschutz finanziert. Sie erreichen uns in der Regel telefonisch während der Bürozeiten: Montag bis Donnerstag von 10 bis 17 Uhr.