Praxistipp Arbeiten mit GefahrstoffenArbeiten Sie mit Gefahrstoffen?

Was sind Gefahrstoffe?
Als »Gefahrstoffe« werden Stoffe und Gemische (Mischungen von unterschiedlichen Stoffen) bezeichnet, deren Eigenschaften oder die Art und Weise, wie sie am Arbeitsplatz vorhanden sind oder verwendet werden, die Gesundheit der Beschäftigten gefährden können. Die Palette der Gefahrstoffe reicht von Rauch und Stäuben, die eingeatmet werden können, über Dieselabgase bis hin zu Chemikalien aller Art wie Säuren, Laugen oder Lösemittel. Auch das Spektrum der möglichen Gesundheitsschäden ist breit und umfasst Reizungen und Erkrankungen von Haut und Atemwegen über Nerven- und Organschäden bis hin zu Krebserkrankungen.

Wie erkennen Sie, ob Sie mit Gefahrstoffen arbeiten?
Gefahrstoffe, die der Betrieb eingekauft hat, sind an ihrem Etikett zu erkennen. Darauf muss der Hersteller eines solchen Produktes bestimmte Mindestinformationen angeben. Hierzu gehören der Name des Stoffes oder bei Gemischen die Namen von bis zu vier Inhaltstoffen, Gefahrenzeichen (weiße Rauten mit schwarzen Symbolen und rotem Rand), Signalwörter (»Gefahr« oder »Achtung«), Gefahrenhinweise (auch als H-Sätze bezeichnet) sowie Sicherheitshinweise (auch als P-Sätze bezeichnet).

Außerdem muss der Hersteller einem solchen Produkt ein Sicherheitsdatenblatt beifügen, in dem sehr viel ausführlichere Angaben enthalten sein müssen. Wenn Sie mit einem solchen Produkt arbeiten, muss Ihnen Ihr Arbeitgeber Einsicht in das Sicherheitsdatenblatt geben, wenn Sie dies wünschen. Da Sicherheitsdatenblätter für Fachleute geschrieben werden, ist der Inhalt eines Sicherheitsdatenblattes allerdings ohne entsprechende Vorkenntnisse nur schwer zu verstehen.

Entstehen die Gefahrstoffe allerdings erst im Arbeitsprozess (z. B. Schweißrauche, Dieselabgase, Stäube aller Art), so entfällt die Information über Etikett und Sicherheitsdatenblatt.

In jedem Fall muss der Arbeitgeber aber dafür sorgen, dass sich am Arbeitsplatz eine schriftliche Betriebsanweisung befindet, in der übersichtlich und verständlich Informationen über die vorhandenen oder entstehenden Gefahrstoffe sowie über mögliche Gesundheitsgefährdungen gegeben werden. Außerdem muss die Betriebsanweisung Informationen über Vorsichtsmaßnahmen und Schutzmaßnahmen enthalten. Hierzu gehören Hygienevorschriften, Maßnahmen zur Verhütung eines Kontakts mit den Gefahrstoffen sowie Informationen zum Tragen von persönlicher Schutzausrüstung, insbesondere von Schutzhandschuhen und Atemschutz.

Außerdem muss der Arbeitgeber dafür sorgen, dass Sie anhand der Betriebsanweisung eine für Sie verständliche mündliche Unterweisung erhalten, bevor Sie erstmals mit einem Gefahrstoff arbeiten. Dabei müssen Ihnen alle auftretenden Gefährdungen erläutert und Sie über die erforderlichen Schutzmaßnahmen unterrichtet werden. Eine solche Unterweisung muss regelmäßig wiederholt werden und mindestens einmal jährlich stattfinden. Zu der Unterweisung gehört auch eine arbeitsmedizinisch-toxikologische Beratung, in der Ihnen medizinische Besonderheiten der betreffenden Gefahrstoffe vermittelt und Sie über Ihnen zustehende arbeitsmedizinische Vorsorge informiert werden sollen.

Wenn Sie oder Kolleginnen oder Kollegen nicht ausreichend Deutsch verstehen, hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass die Betriebsanweisung auch in Ihrer Heimatsprache erstellt wird und dass Sie ebenfalls in Ihrer Heimatsprache unterwiesen werden.

Abhängig von der Schwierigkeit der Tätigkeit mit dem Gefahrstoff oder den dabei zu treffenden Schutzmaßnahmen kann auch ein praktisches Training Teil der Unterweisung sein, um so richtiges Verhalten oder richtigen Umgang mit Schutzmaßnahmen und Schutzausrüstung einzuüben.

Welche Pflichten hat Ihr Arbeitgeber?
Grundsätzlich trägt der Arbeitgeber die Verantwortung für den Arbeitsschutz. Seine generellen Pflichten sind im Arbeitsschutzgesetz geregelt. Als ständiger Auftrag wird ihm darin auch aufgegeben, eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben. Zu seinen Pflichten gehört es, die Arbeit so zu gestalten, dass eine Gefährdung für Leben und Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird.

Für Arbeiten mit Gefahrstoffen bedeutet dies konkret: Bevor Ihr Arbeitgeber Ihnen eine Tätigkeit mit Gefahrstoffen überträgt, hat er für diese Tätigkeit eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen, deren Ergebnis schriftlich zu dokumentieren ist. Er hat die in der Gefährdungsbeurteilung festgelegten Schutzmaßnahmen zu ergreifen, muss für die betreffenden Tätigkeiten Betriebsanweisungen erstellen und an den Arbeitsplätzen aushängen, und er muss Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen mündlich unterweisen und arbeitsmedizinisch-toxikologisch beraten lassen. Für bestimmte Tätigkeiten mit Gefahrstoffen muss er Ihnen außerdem arbeitsmedizinische Vorsorge anbieten.

Wichtig: Ohne vorab durchgeführte Gefährdungsbeurteilung und ohne Umsetzung der daraus folgenden Schutzmaßnahmen darf Ihr Arbeitgeber Sie nicht mit Gefahrstoffen arbeiten lassen.

Welche Pflichten haben Sie?
Im Arbeitsschutzgesetz ist ebenfalls festgelegt, dass Sie Ihren Arbeitgeber bei der Erfüllung seiner Pflichten unterstützen müssen. Das Gesetz verpflichtet Sie dazu, nach Ihren Möglichkeiten für Ihre eigene Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit Sorge zu tragen und dazu der Unterweisung und den Anweisungen des Arbeitgebers zu folgen. Gleichfalls haben Sie für die Sicherheit und Gesundheit anderer Personen zu sorgen, die von Ihren Handlungen (oder Unterlassungen) bei der Arbeit betroffen sind.

Speziell für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen bedeutet dies, dass Sie die in der Betriebsanweisung beschriebenen beziehungsweise die in der Unterweisung erteilten Anweisungen befolgen und die dort festgelegten Schutzmaßnahmen beachten und umsetzen müssen. Wird Ihnen persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung gestellt, so müssen Sie diese benutzen, solange eine Gefährdung besteht.

Welche Rechte haben Sie?
Sie sind jedoch nicht nur ein Empfänger von Weisungen Ihres Arbeitgebers, sondern haben auch eine Reihe von Rechten und Mitsprachemöglichkeiten ihm gegenüber. Laut Arbeitsschutzgesetz sind Sie berechtigt, ihm Vorschläge zu allen Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit zu machen.

Arbeiten Sie in einem Betrieb, in dem es eine betriebliche Interessenvertretung gibt (Betriebs- oder Personalrat, Mitarbeitervertretung), so sollten Sie Ihre Vorschläge an die Interessenvertretung richten, damit diese die Vorschläge gegenüber dem Arbeitgeber zur Sprache bringt. Gibt es in Ihrem Betrieb jedoch eine solche Interessenvertretung nicht, dann muss der Arbeitgeber gemäß Betriebsverfassungsgesetz Sie zu allen Maßnahmen ansprechen, die Auswirkungen auf Ihre Sicherheit und Gesundheit haben können.

Deshalb müssen Sie oder Ihre Interessenvertretung grundsätzlich an der Gefährdungsbeurteilung beteiligt werden, denn in deren Rahmen werden ja genau solche Schutzmaßnahmen festgelegt, die Auswirkungen auf Ihre Sicherheit und Gesundheit haben. Dies ist schon deshalb sinnvoll, da Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen die tatsächlichen Gegebenheiten Ihrer Tätigkeiten meist genauer kennen als der zuständige Arbeitsschutzexperte. Daher ist Ihre Beteiligung die Voraussetzung für passgenaue Arbeitsschutzmaßnahmen.

Ihre Rechte erschöpfen sich jedoch nicht in Vorschlags- und Anhörungsrechten. Sie haben auch ein Recht auf Information, auf fachgerechte Betriebsanweisungen und Unterweisungen, auf arbeitsmedizinische Beratung sowie auf arbeitsmedizinische Vorsorge.

Werden Ihnen diese Rechte nicht ermöglicht oder haben Sie Anhaltspunkte dafür, dass die von Ihrem Arbeitgeber getroffenen Maßnahmen und die von ihm bereitgestellten Mittel nicht ausreichen, um Ihre Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit zu gewährleisten, so sollten Sie sich an Ihre Interessenvertretung wenden. Gibt es eine solche nicht, so sollten Sie sich bei Ihrem Arbeitgeber über die entsprechenden Defizite beschweren. Geht er auf Ihre Beschwerde nicht ein und behebt die Mängel nicht, dann haben Sie gemäß Arbeitsschutzgesetz das Recht, sich an die zuständige Behörde, also das Amt für Arbeitsschutz, zu wenden, ohne dass Ihnen dadurch Nachteile im Betrieb entstehen dürfen.

Es geht um Ihre Gesundheit – nutzen Sie Ihre Rechte!
Wenn Sie den Eindruck haben, dass Ihre Gesundheit bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen nicht ausreichend geschützt wird oder dass die getroffenen Schutzmaßnahmen unzureichend oder nicht praktikabel sind, nutzen Sie Ihr Recht Vorschläge für einen besseren Arbeitsschutz zu machen!

Wenn Sie nicht die Ihnen zustehenden Informationen und Anweisungen sowie die arbeitsmedizinische Beratung erhalten, die Ihnen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen zustehen, fordern Sie diese ein! Nutzen Sie Ihr Recht auf arbeitsmedizinische Vorsorge, wenn Ihnen diese von Ihrem Arbeitgeber angeboten wird!

Ändert sich trotz Ihrer Beschwerden oder Forderungen nichts und befindet sich der Betrieb in Hamburg, sollten Sie das Arbeitsschutztelefon des Amtes für Arbeitsschutz nutzen um sich Rat zu holen (Tel. 040 / 4 28 37 21 12). Sie können sich dort auch anonym melden.

Auch wir beraten und unterstützen Sie gern.