Praxistipp zum Thema LärmIst es an Ihrem Arbeitsplatz (zu) laut?

Informationen zu Arbeit & Gesundheit

Praxistipp zum Thema Lärm
Ist es an Ihrem Arbeitsplatz (zu) laut?

Lärm und Lärmprävention am Arbeitsplatz
Lärm ist heute überall präsent, sowohl in der Freizeit als auch am Arbeitsplatz. Mit diesem Praxistipp wollen wir den Blick auf den Lärm am Arbeitsplatz richten und zugleich Schutzmaßnahmen zur gesundheitlichen Prävention (Vorsorge) vorschlagen.

»Ich kann das nicht mehr hören!«
Nahezu an allen Arbeitsplätzen sind wir mehr oder weniger störendem Lärm ausgesetzt. Dabei kann es sich um gehörschädigenden Maschinenlärm handeln, wie in der Produktion, in der Metall- oder Holzverarbeitung, im Baubereich oder in der Forst- und Landwirtschaft. Es gibt aber auch Lärm, bei dem die Lärmgrenzen durchaus eingehalten werden. Gemeint ist hier der ‚gefühlte Lärm‘ in Arbeitsbereichen wie Großraumbüros, Call-Centern, in der Gastronomie, in Schulen und Kindergärten.

Lärm wird von Menschen individuell sehr unterschiedlich wahrgenommen: laute Musik kann anregen und begeistern, aber auch außerordentlich störend sein, Straßenlärm oder störende Nebengeräusche bei konzentrierter Büroarbeit werden dagegen als sehr lästig empfunden. Dabei spielt die jeweilige Arbeitssituation, die eigene Tätigkeit, die Tageszeit und auch die Dauer und Art des Lärms eine wesentliche Rolle. In angespannten, stressigen Arbeitssituationen oder zu ungünstiger Zeit nimmt man Um- gebungslärm wesentlich intensiver wahr. Andererseits kann Lärm aber auch eine (lebens-)wichtige Informa- tion enthalten: ein sich näherndes Fahrzeug, eine defekte Maschine, ein verletztes Kind. Es gibt wohl kaum ei- nen Bereich, in dem unsere Ohren und Sinne nicht »auf Empfang geschaltet« sind.

Lärm macht krank
Lärm stört, belästigt und kann die Gesundheit nachhaltig schädigen. Lärm am Arbeitsplatz wird oft unterschätzt, einfach hingenommen, vielfach akzeptiert, obwohl viele Menschen sich durch Lärm beeinträchtigt fühlen.

Lärm kann zu Gehörschäden führen. So gehört die beruflich verursachte Lärmschwerhörigkeit mittlerweile zu den häufigsten Berufskrankheiten. Hier hat der Lärm bleibende, nicht rückgängig zu machende Schäden verursacht: Die Haarsinneszellen im Innenohr sind unwiderruflich zerstört, eine zum Teil erhebliche Einschränkung des Hörvermögens in den unterschiedlichen Frequenzen kann die Folge sein. Dann kann Musik nicht mehr in der bisherigen Qualität und Feinheit genossen werden. Bei Gesprächen bekommt man vieles nicht mehr mit und ist schnell ausgeschlossen. Eine Lärmschwerhörigkeit ist nicht heilbar, eine Besserung nicht möglich. Nur Hörgeräte können hier für einen – allerdings nur begrenzten – Ausgleich sorgen.

Lärm kann »nerven«. Lärm, der nicht zu Gehörschäden führt, kann gesundheitlich ähnliche Auswirkungen wie hohe psychische Anspannung und Stress bei der Arbeit haben. Ein beschleunigter Puls und erhöhter Blutdruck können die Folge sein, ebenso wie Schlaflosigkeit und Magen-Darm-Beschwerden. Langfristig erhöht sich auch das Herzinfarktrisiko.

Welche Möglichkeiten gibt es zum Schutz vor Lärm?
Grundsätzlich sollte versucht werden, Lärm an seiner Entstehungsstelle zu reduzieren.

Die Maßnahmen der Lärmprävention am Arbeitsplatz richten sich, wie auch in anderen Arbeitsschutzbereichen, nach dem sicherheitstechnisch bekannten T-O-P-Vorgehen. Diese Rangfolge geht davon aus, zunächst die wirksamsten Maßnahmen umzusetzen. Nur wenn dies nicht machbar ist, soll auf die nächst niedrigere Stufe zurückgegriffen werden:

Vorgehen nach dem T-O-P -Prinzip
Technisch: »an der Lärmquelle«: andere Werkzeuge, anderes Arbeitsverfahren, Kapselung, Schalldämmung, Verminde- rung der Schallausbreitung, Änderung der Raumakustik durch Lochplatten und Schallabsorber

Organisatorisch: räumliche Abtrennung, zeitliche Verlegung lärmintensiver Tätigkeiten; wenn das nicht möglich ist oder nur bedingt hilft: Lärmpausen (»Pause fürs Ohr«)

Persönlich: persönlicher Gehörschutz (Stöpsel, Gehörschutzkapseln, Otoplastiken), der erst als letzte Maßnahme zum Einsatz kommen darf.

➲ Hinweis: Im Arbeitsalltag wird diese Rangfolge nur zu oft ignoriert, stattdessen wird häufig als erstes zum persönlichen Gehörschutz gegriffen. Dabei wird übersehen, dass es sehr gute und wirksame Maßnahmen im technischen oder organisatorischen Bereich gibt, die nicht unbedingt kostenintensiv sind. Mobile Schallschutzwände und Absorber lassen sich im gewerblichen Bereich manchmal auch in Eigenarbeit herstellen. Der Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt.

Insgesamt kommt es darauf an, alle Maßnahmen der Lärmminderung zu prüfen. Der Arbeitgeber kann auch ein Programm zur Lärmminderung entwickeln.

Was konkret getan werden muss, hat der Arbeitgeber im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilung nach dem Arbeitsschutzgesetz festzulegen.

Bei gehörschädigendem Lärm müssen Arbeitsbereiche ab 85 dB als Lärmbereich gekennzeichnet werden. Gehörschutz muss Ihnen ab 80 dB zur Verfügung gestellt werden, den Sie ab 85 dB auch tragen müssen.
Bei Tätigkeiten im Lärmbereich sind Sie verpflichtet, an der vom Arbeitgeber veranlassten arbeitsmedizinischen Vorsorge teilzunehmen, bei Tätigkeiten zwischen 80 und 85 dB muss Ihnen Ihr Arbeitgeber die Teilnahme an arbeitsmedizinischer Vorsorge anbieten. Ein solches Angebot sollten Sie unbedingt annehmen. Auch sonst haben Sie das Recht auf arbeitsmedizinische Vorsorge, wenn eine Gesundheitsschädigung durch Lärm im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nicht völlig aus- geschlossen wurde.

Haben Sie unabhängig von der arbeitsmedizinischen Vorsorge den Verdacht, dass sich Ihre Hörfähigkeit verschlechtert, sollten Sie dies von einem HNO-Arzt überprüfen lassen.

Für Büroarbeitsplätze werden aufgrund der hohen psychischen Anspannung deutlich niedrigere Lärmgrenzen zugrunde gelegt. Ab 65 dB (das ist die Lautstärke eines Gespräches) kann sich bei hoher Konzentration und Anspannung schon ‚Lärmstress’ bemerkbar machen.

Als Abhilfe sind hier alle Maßnahmen zur Vermeidung der Schallentstehung und Schallausbreitung geeignet. An erster Stelle steht die Veränderung der Raumakustik. Sehr wirksam sind hier (auch nachträglich) eingebaute Schallabsorber unterschiedlicher Bauart. Zusätzliche Entlastung kann auch eine Änderung der Arbeitsorganisation bringen, wozu auch Absprachen mit Kollegen und Kolleginnen gehören können.

➲ Zu guter Letzt:
Was tun, wenn im Betrieb in Sachen Lärmschutz nichts geändert wird?

  • Selber Messen übers Handy-App:
    Etliche Mobiltelefone ermöglichen bereits die Installation eines Lärmmessmoduls. Auch wenn dieses Meßsystem im Gegensatz zu professionellen Schallpegelmessgeräten nicht kalibriert ist, verschafft eine solche Lärmmessung doch einen guten Überblick über die reale Lärmsituation am Arbeitsplatz.
  • Besteht eine betriebliche Interessenvertretung (Betriebs- oder Personalrat, Mitarbeitervertretung), so sollten Sie diese einschalten.
  • Wenn es im Lärmbereich, also bei gehörschädigendem Lärm, überhaupt keine Maßnahmen zur Lärmminderung gibt, sollte man sich nicht scheuen, zumindest selber persönlichen Gehörschutz zu tragen. Die Ohren haben ein langes Gedächtnis. Sie werden es Ihnen danken.

Denn: Arbeiten bei Lärm führt dauerhaft zu bleibenden Gehörschäden und kann insgesamt krank machen.

Wenn Sie weitergehende Hinweise zur Lärmminderung am Arbeitsplatz suchen, können Ihnen folgende Veröffentlichungen aus drei unterschiedlichen Bereichen möglicherweise weiterhelfen:

Rechtliche Grundlagen

  • Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
  • Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
  • Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung
  • Technische Regel zur Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung: TRLV Lärm

Wie entsteht Schall, wie breitet er sich aus?
»Lärm« ist die alltagssprachliche Bezeichnung für Schall hoher Lautstärke. »Schall«, der sich in Form von Schallwellen ausbreitet, ist die Bezeichnung der physikalischen Größe. Seine Lautstärke wird in Dezibel (dB) gemessen, Schallpegel ab 85 dB können das Gehör nachhaltig schädigen. Dabei spielt auch die Dauer eine entscheidende Rolle. Je länger und je höher der Schallpegel, desto schädigender die gesundheitlichen Auswirkungen. Bei sehr hohem Schallpegel (sehr lautem Lärm) kann bereits eine kurze Einwirkzeit von wenigen Minuten zur Gehörschädigung führen. Ab 120 dB beginnt der Schmerzbereich. Hier kann es schon nach wenigen Sekunden unmittelbar zu einem bleibenden Hörschaden kommen. Auch die Entfernung von der Schallquelle ist ausschlaggebend: Je größer der Abstand, desto mehr nimmt die Schallintensität, also der Lärm, ab.